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Diese Woche geht es um das was in der Fantasie der meisten Mädchen und vieler Jungs, der schönste Tag unseres Lebens ist. Es geht um die Hochzeit. Die Hochzeit stellt in gewisser Weise den Endpunkt der Pubertät dar. Jetzt bist Du eine erwachsene Frau. Das ist jener Mann, den Du so großartig findest, der Dich erwählt hat, der Prinz mit dem weißen Pferd, der Dich aus Deinem Elternhaus abholt, vielleicht sogar entführt, um mit Dir zusammen ein großartiges, erwachsenes und auch sexuelles Leben zu führen.
Die Hochzeit ist der Tag an dem das Mädchen stirbt und als Frau häufig sogar mit einem neuen Namen aufersteht. Die Hochzeit ist auch der Tag, wo der Mann aus der Gruppe der Junggesellen als Ehemann und Vater entlassen wird. Häufig ist das auch der Tag, an dem zum Beispiel der junge Bauer die Verantwortung aber auch die Macht auf dem Hof übernimmt und die Eltern aufs Altenteil gehen. Eine neue Generation beginnt und hat nunmehr die Möglichkeit ihre Welt zu gestalten. In diesen Zusammenhang gehört natürlich auch die legendäre Hochzeitsnacht, die bis heute in manchen Kulturen durch das blutige Laken der Defloration in der Gemeinde gefeiert wird.
Dieser Zusammenhang zwischen Hochzeit und Sexualität gehört in unserer Kultur weitestgehend der Vergangenheit an. Wie kommt es denn, dass in der heutigen Zeit die überwältigende Anzahl der Ehen geschieden werden, oft schon primär mangels menschlicher Reife der Eheleute, aber auch mangels gesellschaftlichen Rückhaltes zum Scheitern verurteilt sind? Ein wichtiger Faktor hierfür ist natürlich der Wegfall der früher gnadenlosen sozialen Kontrolle in unserer Kultur. In anderen Kulturen wird diese durchaus bis heute rigoros gehandhabt und der Ehebrecher, vor allem die Ehebrecherin wird mit dem Tode bedroht.
Ein anderer wichtiger Faktor ist natürlich, dass im Rahmen der Gleichberechtigung anders als früher, die Frauen wirtschaftlich in aller Regel weitgehend unabhängig sind, eine Ehe also nicht mehr um jeden Preis ertragen müssen. Ein anderer wesentlicher Faktor, den wir auch in unserem Buch Lebensschwellen ausführlich schildern, ergibt sich daraus, dass sich aufgrund des lebenslangen Reifungsprozesses von Männern und Frauen auch die Bedeutung der Hochzeit im Laufe des Lebens immer wieder heftig verändert. Sehr unterhaltsam ist das in dem Film, Vier Hochzeiten und ein Todesfall, dargestellt. Um ein paar Beispiele zu nennen: Manche heiraten viel zu früh, um ihrem Elternhaus zu entkommen. Später lassen sie sich dann scheiden, um ihrer Ehe zu entkommen. So heiraten sie wiederum der Einsamkeit zu entkommen. In gewisser Weise sind die zugehörigen Partner in ihrer persönlichen Wahrheit fast vollständig nebensächlich. Hauptsache einigermaßen gut aussehen mit ordentlichem Einkommen, usw. Ein häufiger Grund zu heiraten besteht auch darin, dass wir uns verlieben, also eine Illusion vom anderen mit dessen Wahrheit verwechseln und viele scheitern daran, dass die Konsequenz jeder Verliebtheit darin besteht, dass man den anderen grausamer Weise tatsächlich kennenlernt.
Man könnte also sagen viele Hochzeiten in unreifen Jahren dienen nur uns selbst. Die Fähigkeit den anderen als von uns getrenntes anderes Lebewesen wirklich zu erkennen und dann dieses Wesen aus vollen Herzen bedingungslos zu lieben ist in den meisten Leben erst späteren Jahren vorbehalten. Das war aber das, was ursprünglich gemeint war mit dem Bibelsatz: Ich erkenne Dich als meinen Mann, ich erkenne Dich als meine Frau. Erst dann ist Hochzeit im tiefsten Sinne als Vereinigung möglich.
Wolfgang Krahé
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